katrin ahnsorge + tanja soler zang
"zwischentöne" / objekte und installationen


21.01.00 - 04.03.00



Die erste Ausstellung des neuen Jahres in raum2 zeigte unter dem Titel „zwischentöne“ Arbeiten der Künstlerinnen Katrin Ahnsorge und Tanja Soler Zang.
Die Papierobjekte von Katrin Ahnsorge im Obergeschoß wollen durch ihre Einfachheit Wirkung und Aufmerksamkeit erzielen. Im Gegensatz zur bunten Farbigkeit der urbanen Lebenswelt kann das einfache Weiß, die betonte Nicht-Farbigkeit der Objekte, kein schnelles Konsumbedürfnis befriedigen, sondern es möchte den Betrachtenden auffordern, sich einzulassen, stehen zu bleiben und die Formen und Linien zu entdecken, die sich auf dem Papier oder durch die Anordnung des Papiers herausbilden.

Ein Aspekt der gezeigten Arbeiten ist dabei deren räumliche Mehrdimensionalität. Zunächst erscheinen Linien und Papierbahnen nur ein- bzw. zweidimensional; durch die Anordnung von Reispapier zum Beispiel im Hängekasten entsteht jedoch in der An- und Durchsicht ein Rhythmus von Linie und dreidimensionalem Raum. Eine anderes Zusammenspiel von Linie, Fläche und Raum findet man in den Papierrollen. Dort treten auf gerolltes Papier aufgezeichnete Linien deutlicher oder schwächer hervor, markieren so unterschiedliche Raumtiefen und multiplizieren sich in der Vielzahl aller Rollen, die sich wie auf einer Geraden entlang der Wand aufreihen.

Darüber hinaus werden die Papierobjekte von Katrin Ahnsorge auch durch eine Veränderung der zeitlichen Dimension bestimmt. Während der Betrachtende den dynamischen Zeitablauf und die Beweglichkeit der Linien in den Daumenkinos der ausgestellten Bücher und beim Vorübergehen an den einzelnen Objekten selbst bestimmen kann, erlangt der Faktor Zeit in den gehängten Papierbahnen seine Unabhängigkeit von menschlichen Einflüssen. Die Bahnen unterliegen einem natürlichen, unbeeinflußbaren Alterungsprozeß, denn das dort verarbeitete, glatte Faxpapier ist sehr empfindlich und vergilbt leicht, was den Charakter der irreversiblen Vergänglichkeit der Arbeit unterstreicht.
Katrin Ahnsorge hat 1995 bis 1999 an der Freien Kunstschule Rhein-Neckar studiert. Sie erhielt 1997 den Förderpreis des Kivanis Kunstwettbewerbs und war im letzten Jahr Preisträgerin des Baerwind Kunstwettbewerbs. Sie lebt und arbeitet heute in Ludwigshafen und Mannheim.
Die Arbeiten der Künstlerin Tanja Soler Zang im Eingangsbereich spiegeln die Auseinandersetzung mit der Natur als Medium ihrer Kunst wider. Die gezeigten Farbfotokopien dokumentieren Land Art Projekte, in denen Tanja Soler Zang mit geringen, vor Ort gefundenen Materialien natürliche Gegebenheiten neu gestaltet, ihre charakteristischen Eigenschaften verändert und somit den vielleicht überraschten Blick auf Formen wie Bäume, Blüten und Blätter lenkt, die dem Betrachtenden in ihrer Vielzahl und Alltäglichkeit meist unscheinbar verborgen bleiben. Die Projekte versuchen jedoch über die Dokumentation hinaus nicht, die künstlerischen Veränderungen in der Natur zeitlos zu bewahren und den eigenwilligen Charakter der Natur zu negieren. Sie möchten vielmehr einen kurzen Anstoß zum Hinschauen geben und sollen dann wieder dem natürlichen Zerfall überlassen werden.

Mit der Raum-Klang-Installation holt die Künstlerin die Natur nun in den Kunstraum. Hier wird einfaches, jedem in seiner natürlichen Umgebung vertrautes Laub wie ein Kunstwerk beleuchtet. Die Blätter erhalten so die Aufmerksamkeit des Betrachtenden, der sie im veränderten Kontext anders, neu wahrnimmt.  Im Gegensatz zu den Land Art Projekten, bei denen der Künstlerin die Rolle der Akteurin zukommt, erhalten die Betrachtenden in der Installation eine aktive Rolle, denn sie sind aufgefordert, Teil der Arbeit zu werden. In einem interaktiven Prozeß sollen sie die Installation mit gestalten, indem sie selbst beim Laufen durch das Laub eben die Geräusche erzeugen, die sie bereits beim stillen Schauen wahrnehmen konnten. Daß das Laub sich dabei in seiner Anordnung jedesmal wieder verändert, daß man in den Spuren des anderen gehen oder sie verwischen kann und daß man die Blätter letztlich sogar zerbricht, ist auch hier Programm – der natürliche Prozeß des Zerfalls will nicht aufgehalten werden, sondern der Blick für das Detail und die Wahrnehmung für die Vergänglichkeit der Augenblicke soll geschärft werden. In diesem Sinne möchte Tanja Soler Zang, wie auch Katrin Ahnsorge mit Ihren Arbeiten die Besucher dazu einladen, die „zwischentöne“ zu hören, zwischen den Zeilen zu sehen und so das wahrzunehmen, was sie zunächst vielleicht übersehen oder überhören könnten.
Tanja Soler Zang hat ebenfalls 1995 bis 1999 an der Freien Kunstschule Rhein-Neckar studiert. Auch sie war im letzten Jahr Preisträgerin des Baerwind Kunstwettbewerbs. Heute lebt und arbeitet sie in Mannheim.
Die Ausstellung wurde freundlich unterstützt von der Werbeagentur SIGNUM GmbH, Mannheim, der Firma Gelin, Leimen und dem Mannheimer Kunstverein.

Einführung und Text: Michaela Maier



Die Vernissage