Andrea Niessen

16. März - 20. April 2002



Andrea Niessen: ohne Titel; Seife u. Pigment, 2001


In Objekten aus Seife, menschlichem Haar und Latex - organischen Materialien, die ganz subtil wie auch provozierend den Körper in seiner Verletzbarkeit thematisieren - setzt sich die Künstlerin mit Raum-Körper-Beziehungen auseinander. Jeder Körper verfügt über eine Hülle, die seine leibliche Identität gegenüber dem Außen abgrenzt und zugleich die Berührungsfläche darstellt, über die der Körper mit der Umwelt in Kontakt tritt. Die Körperoberfläche als schützende Grenze erweist sich dabei immer wieder als problematisch. Sie birgt nicht nur die Chance der Berührung und Kontaktaufnahme, sondern auch stets die Gefahr der Verletzung, der Grenzüberschreitung im physischen wie psychischen Sinne.

Für ihre Kunstwerke aus menschlichem Haar sucht Andrea Niessen Friseure auf, um dort die über den Tag angefallenen Haarreste einzusammeln, aus denen sie ihre fragilen Kunstgebilde erschafft. Die Künstlerin verwendet Haar als skulpturales Material und erforscht seine taktilen Qualitäten und symbolischen Assoziationen. Ihr Interesse gilt dem emotional wie geistig irritierenden Spiel mit Außen und Innen, Intimität und Öffentlichkeit, Abgrenzung und Grenzüberschreitung. Andrea Niessen aktiviert die kulturellen wie biographischen Erinnerungsschichten des Betrachters - und die Assoziationen sind ebenso vielfältig, wie die Gefühle der Betrachter - von Ekel bis hin zu erotischen Phantasien. Obgleich die Struktur des Haares immer wieder auf einen anderen Menschen verweist, steht weder die Identifikation mit dem einzelnen Individuum noch die Konnotation mit einer bestimmten Bedeutungsebene im Vordergrund, vielmehr die Universalität.

Aus Seife gegossene "Hände" verweisen ebenso wie die "Seifenhäuser" oder die Arbeit "surface" - mittels Latex abgenommene Strukturen von Bäumen - auf Körpergrenzen. Aufgrund der häutigen Konsistenz der Oberflächenstukturen und oder ihrer Pigmentierung rekurrieren die Objekte immer wieder auf Haut als menschlicher Körperhülle und thematisieren damit die Erfahrung leiblicher Be- und Entgrenzung.

Text und Einführung: Camilla Bonath-Voelkel